Letztlich und häufig ist Bindungsangst das Ergebnis eines fehlerhaften Erziehungsstils und Verhaltens der Eltern (Bezugspersonen, oft der Mutter) dem Kind gegenüber, da sie auf die Bedürfnisse ihrer Kinder (meist in den ersten zwei Lebensjahren) nicht angemessen eingehen konnten (speziell, was "Nähe und Distanz", "Gewährung von Schutz", "Geborgenheit und Urvertrauen" betrifft).

Die Betroffenen leiden an einem Selbstwert-Mangel, können sich schlecht abgrenzen und ihre Bedürfnisse zum Ausdruck bringen, da sie dieses bei Mama und Papa früher nicht durften bzw. nicht gelernt haben. Sie haben Angst vor Beziehungen (entweder, weil sie die Vereinnahmung durch den Partner fürchten oder weil sie Angst haben, ihr Partner könnte sie irgendwann einmal verlassen, da sie den (angeblichen) Erwartungen nicht entsprechen.)

Laut Stefanie Stahl (...) "entwickeln [Bindungsängstliche] eine schier unerschöpfliche Anzahl von Strategien, um sich per Flucht, Kampf oder Totstellen im wortwörtlichen Sinne aus der Affäre zu ziehen. Für die Partner sind letztlich alle Methoden schmerzlich. Und häufig verursachen sie das typische Ping-Pong-Spiel zwischen den Partnern: Der eine rennt weg, der andere hinterher. Der eine bricht laufend Streit vom Zaun, der andere will es dem Partner immer noch mehr recht machen, um den Streit zu vermeiden (was natürlich nicht funktioniert)."

(aus: Stefanie Stahl: Vom Jein zum Ja! Bindungsängste verstehen und überwinden - Hilfe für Betroffene und ihre Partner; Ellert & Richter- Verlag, 2014, S.50)

Um sich vor zu viel Nähe und (möglichen) Erwartungen (Gängelei) seitens des Partners (oder aktiv und präventiv vor dem Verlassenwerden) zu schützen, "nutzt" der aktiv Bindungsängstliche folgende Strategien:

• "Ich ziehe mich zurück und mache dicht.
• Ich fange Streit an.
• Ich flüchte in die Arbeit / Hobbys
• Ich habe keine Lust auf Sex.
• Ich gehe fremd.
• Ich nörgle kleinlich an meinem Partner herum.
• Ich mache Schluss.
• Ich bleibe Single.
• Ich lüge.
• Ich komme meinem Partner ganz nah, dann flüchte ich wieder.
• Ich mache nicht, was mein Partner von mir erwartet.
• Ich kontrolliere meinen Partner.
• Ich lege mich zeitlich ungern fest.
• Ich stelle mich tot."

(aus: Stefanie Stahl: Vom Jein zum Ja!, Ellert-Richter-Verlag 2014, S.101 ff)

• "Ich klammere mich an meinen Partner.
• Ich komme nicht los, obwohl er mir ständig weh tut.
• Ich mache Szenen.
• Ich bin depressiv.
• Die Beziehung ist mein ganzer Lebensinhalt.
• Ich bin extrem verliebt.
• Ich mache alles, was mein Partner will.
• Ich gebe mich auf.
• Ich versuche perfekt zu sein.
• Ich zweifle ständig an mir.
• Ich spioniere meinen Partner aus."

(aus: Stefanie Stahl: Vom Jein zum Ja!, Ellert-Richter-Verlag 2014, S.102)